Mittwoch, 11. Januar 2012

Eine homöopathische Gute-Nacht-Geschichte

Eine kurze Geschichte über ein kleines, tapferes Wassermolekül...


Es war einmal ein Wassermolekül, das nicht nur seit millionen sondern milliarden Jahren auf der Erde unterwegs ist. Es schwamm durch alle Ozeane, durch viele Flüsse, es verdunstete in gleissend heller Sonne, und bildete mit anderen Wassermolekülen Wolken, um dann wieder auf die Erde als Regen, Hagel, Nebel oder Schnee herabzufallen. Es war lange Zeit gefrohrenes Eis, verband sich mit dem Salz im Meer und mit zahlreichen anderen Molekülen, die mit Wasser im allgemeinen nur allzugerne eine Verbindung eingehen...

Es war auch in vielen Lebewesen, es wurde getrunken, durch Wurzeln aufgesaugt, es schwamm durch Kiemen in Fische hinein. Manchen Lebewesen diente es nur dazu, den Stoffwechsel in Gang zu halten und wurde wieder ausgeschieden, doch in vielen Lebenwesen wurde es ein Teil von ihnen, dieses Wassermolekül war dann Zellflüssigkeit, Blut, Schweiss, Lymphe, Eiter oder Urin. Manchmal, aber nur manchmal war es auch eine Träne... Es war auch mal im Gift einer Schlange, es war im Schleim einer Schnecke, in der bitteren Rinde eines Baumes - Und manchmal war es der Saft eines Apfels, der nur saftig so richtig lecker schmeckt...

Es reiste durch die Welt, in Wasserfällen, Orkane etc. und es war selbst dort, wo noch nie ein Mensch gewesen ist - in den Tiefen des Meeres, in den Tiefen der Erde und der Steine - wo es nach langer Zeit des Sickerns als frisches Quellwasser wieder frisch an einer Quelle entsprang, die in einen Bach mündete, dieser floss in einen Fluss, einem Wasserfall, einem Strom hinaus ins Meer.

Die Reise sollte niemals enden...

Es war manchmal auch in der menschlichen Zivilisation gefangen, es wurde benutzt, um Essen zu kochen oder zur Erfrischung, es bereitete als Speiseeis Freude für so manches kleine Kind. Und es löschte tausendemale brennenden Durst. Es löschte grosse Feuer und es Verband sich mit Tensiden, um zum Beispiel Geschirr zu säubern. Es wusch dreckige Hände, reinigte als Putzwasser den Boden und oft wurde es auch dazu benutzt die Scheisse von der Kloschüssel in die Kanalisation zu spülen und in der Kläranlage vor sich hin zu gären.

Das letztere mag unangenehm klingen, doch machte das den Wassermolekül nichts aus. Denn das Wassermolekül erinnerte sich an alle diese Dinge nicht. Würde es sich an das alles erinnern, es hätte wahrlich viel zu erzählen...

Doch eines Tages begab es sich, dass dieses Wassermolekül in das Labor eines Homöopathen gelang...

Es landete in einem Reagenzglas, zusammen mit vielen milliarden anderen Wassermolekülen, die alle von ihren kommenden Abenteuer nichts wussten. Da kamen ein paar andere Wassermoleküle hinzu. Diese kamen aus einen anderen Reagenzglas und waren dort in der Nähe anderer fremdartiger Moleküle, die der Homeopath sorgfältig ausgesucht hat. Zwar war von den fremden Molekülen kein einziges mehr in den Tropfen, der zu den Reagenzglas unseres Wassermoleküls gegeben wurde, doch musste es was ganz besonderes sein, denn sie wurden allesamt 10-12 mal geschüttelt und alle Wassermoleküle erinnerten sich plötzlich an die fremdartigen Moleküle aus den ersten Reagenzglas. Sie erinnerten sich an die Moleküle, welche die meisten Wassermoleküle gar nicht gesehen haben und die sie nur aus den Erzählungen der Wassermoleküle kannten, die im ersten Reagenzglas waren...

Doch die Geschichte hört noch nicht auf: Manche Wassermoleküle (unser Held ist auch dabei) wurden mit einer Pipette aufgesaugt und kamen in ein weiteres Reagenzglas voller unwissender Wassermoleküle. Dort haben die "Belebten", wissenden Wassermoleküle den anderen Molekülen von den fremden Molekül aus dem ersten Reagenzglas erzählt, sie wurden allesamt geschüttelt und wieder wussten ab dahin alle Wassermoleküle von den ominösen, fremden, heilsamen Molekül aus dem ersten Reagenzglas, als wären sie selbst mit ihn eine Verbindung eingegangen.

Ein paar ketzerische Wassermoleküle meinten, sie seien den ominösen Molekülen vorher schon begegnet, als es noch Rosenblätter waren, oder Wurzeln, oder Samen - da sei nichts besonderes passiert... aber diese ketzerischen Wassermoleküle wurden gottseidank nicht mit der Pipette aufgesaugt um in das nächste Reagenzglas zu kommen, dort wieder geschüttelt zu werden und das heilende Wissen weiter zu verbreiten. Die Ketzer aus der dritten Potenz wurden - wie alle anderen Wassermoleküle, die es leider nicht in die Pipette zur nächsten Potenz geschafft haben, ausgeschüttet und in die Kanalisation gespühlt, um wieder die ewige Reise eines unwissenden, sich nicht-erinnernden Wassermoleküls anzutreten.

Diese wiederholte sich mehrmals. Unser Wassermolekül wurde auf ein Zuckerkügelchen getropft, mit den es sofort - voller Erwartung auf die heilende Aufgabe - eine innige Verbindung einging. Es wurde in einem LKW zu einer homöopatischen Apotheke gefahren, doch der Weg war steinig und voller Schlaglöcher, dass es holperte und schüttelte, als wenn wieder alle Moleküle ihre Erinnerungen austauschen sollten - doch das war nur die schlechte Federung des LKWs und unser Molekül kann sich glücklicherweise noch sehr gut an seine Aufgabe erinnern.

In der Apotheke stand das Fläschen mit den Zuckerkügelchen ein halbes Jahr herum - leider zu nahe am Fenster, sodass die Sonnenstrahlen das braune Fläschen erwärmten, unser Molekül verdunstete mehrmals, kondensierte aber glücklicherweise innerhalb der Flasche und ging als flüssiges Wasser wieder die Vebindung mit den Zuckerkügelchen ein..

... so jetzt gibt Dir Daddy noch einen Kuss und wenn Du brav einschläfst, erzähle ich Dir morgen, wie unser Wassermolekül von einem kranken Mann mit Tinitus - das ist, wenn man andauernd einen Ton hört, den es gar nicht gibt - gekauft wird, wie es eingenommen wird und - leider! - mit den Zucker im Verdauungstrakt des Patienten landet und nicht im Ohr. Aber es hatte glück, es kam über Umwege als Zellwasser in den Speckgürtel des Patienten und auch wenn es selbst nicht in die Nähe des Tinitus-gequälten Ohres kam, es erzählte allen anderen Wassermolekülen im Blut und den anderen Körpersäften die Geschichte von den heilenden Molekül, und die erzählten es dann den kranken Ohr...

... und wenn es nicht ausgeschieden wurde, heilt unser cooles Heldenmolekül noch heute...

Gute Nacht, und träum´ was schönes!

1 Kommentar:

  1. OK, ich schlafe schon. Vielleicht werde ich ja dann morgen meinen Mann im Ohr los … ;-)

    Gut geschrieben!

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