Mittwoch, 7. März 2012

Amateure sind keine Idioten - sie leisten erstaunliches

Amateure und Hobbyisten - das klingt immer so nach Schimpfwort. "Amateurhaft" wird zum Beispiel nur im negativen Zusammenhang gebraucht. Hier bei Scienceblogs fand ich den Kommentar eines Amateurastronom,  dessen Leid geradezu herausplatzt:


Und gerade in letzter Zeit gibt es ein paar Beispiele dafür, was engagierte Amateure leisten können. Ich möchte Euch hier ein paar davon zeigen. Dieses Video zum Beispiel macht gerade weltweit die Runde bei Twitter:


"Flieg, kleines Lego-Shuttle, flieg!"




Einfach Wunderschön, ein Lego-Modell des Shuttles an einen Wetterballon dranhängen und fliegen lassen. Aber doch nur eine Spielerei oder? Immerhin hat es dieses Lego-Shuttle in eine Höhe von 35 Kilometern geschafft, das sieht schon fast nach Weltraum aus, man kann die Erdkrümmung sowie die Schwärze des Weltalls sehen. Und der junge Mann, der dieses Video gemacht hat spielt nicht nur. Auf seinen Blog Micro Blade Jets sieht man, das Oaida Raul sogar an kleinen Raketen bastelt, hier zum Beispiel das Triebwerk:



Amateure, die mit Wetterballone herumspielen, kennt man, seitdem ein Video mit einen Legomännchen durch die Medien ging. Aber das ist nichts neues, Radioamateure machen das regelmässig, und die lassen nicht nur Spielzeug und eine Kamera fliegen, ihre "Nutzlasten" ähneln eher kleinen Raumsonden, vollgestopft mit Elektronik und mehreren Sensoren. Auf p56.de/ballonprojekt/ kann man mehrere solcher Projekte verfolgen.

Bildunterschrift bei P56.de:
Anlässlich des 'Europa Star Cups' beim MSC Röttingen startete P56 am 05. Juni 2011 gegen 11 Uhr Ortszeit einen Stratosphärenballon mit Amateurfunk-Nutzlast. Der Start erfolgte auf dem Gelände des MSC Röttingen.

Auf der Seite http://www.mmatthes.com/ballonprojekt/rev2.htm kann man die Innereien der "Amateurfunk-Nutzlast" sehen


SSTV-Kamera, Piepser per DTMF aktivierbar, Batteriepacks
2m-TRX, Drucksensor incl. A/D-Wandlung, Feuchtesensor (aussen),
Temp.-Sensor (aussen), GPS-Empfänger und GPS-Antenne

Natürlich werden bei den Radioamateuren die Daten live ausgewertet, ist doch Ehrensache:

Die Kontrollstation: v.l. Michael (DG7SFL), Martin (DB6TR), Jens (DL4AAS), Franz (DL1TF)

Wer noch mehr über solche Ballonprojekte von Amateurfunkern wissen will, der kann sich dieses Youtube-Video ab Minute 14 bis zum Ende anschauen, dort kann man viel von der Durchführung der ganzen Aktion sehen. So wird das Platzen des Ballons und das Öffnen des Fallschirms live per Kamera zur Bodenstation übertragen. Und die Aktivitäten der Funkamateure haben sich schon so weit herumgesprochen, dass manche versuchen die GPS-Daten der Nutzlast abzufangen und sie vor den eigentlichen Besitzern zu finden und zu stehlen. Die haben´s echt drauf, diese Funkamateure. :-D

Funkamateure sind ein Volk für sich, Ein Freund von mir scherzte, es sei schwieriger und eine größere Herausforderung eine Amateurfunklizenz zu bekommen also irgendwo als Kommunikationselektroniker angestellt zu werden. Funkamateure realisierten z.B. mit Packet-Radio schon vor Jahren mobile Netze, als noch keiner an die heutigen Möglichkeiten mit Handys und Pads im 3G/4G-Netz dachte. Viele Amaterfunk-Vereine installieren in dritte-Welt-Länder einfache Funkrelais-Stationen um dort überhaupt moderne Kommunikation zu ermöglichen. Leider leiden die Funkamateure am Nachwuchsmangel, Viel wissen und Expertise droht auf diese weise verlorenzugehen.

Was Heliumballone betrifft, es geht auch etwas einfacher, in diesem sehr gut bebilderten Forumsbeitrag geben die Macher einen Preis von 900 Schweizer Franken (ca. 750 Euro) an.Was könnte man mit etwas Einfallsreichtum und Bastellei nichts alles machen? Zum Beispiel könnten die Anhänger der Chemtrail-Theorie mit so einen Ballon echte, aussagekräftige Luftproben von den oberen Schichten der Atmosphäre nehmen, nur mal so als Gedanke.

Woran man den eigentlichen Unterschied zwischen Profis und Amateuren sieht: Der Profi verdient Geld, der Amateur gibt es für sein Hobby aus. Und das kann extreme Formen annehmen zum Beispiel bei meinen nächsten Beispiel, den Hobbyastronomen.

Die sind in in der Fachwelt wirklich angesehen, sie entdecken viele Kometen und Asteroiden und machen von ihnen oft beeindruckende Photos, und manchmal gelingt ihnen etwas, von den man eigentlich dachte, das sei nicht möglich. Genau sowas ist vor kurzen passiert. Frei nach einen NDW-Schlager von Nena und Markus:

"Kleine Taschenlampe brenn, schreib ´ich seh Dich´ in den Himmel"

Australische Amateurastronomen wollten der ISS ein Zeichen zusenden - mit zwei Suchscheinwerfern. Das erscheint erstmal nicht unmöglich. Um die Suchscheinwerfer auszurichten, benutzen sie einen blauen 1-Watt-starken Laser, der ihnen die Position der ISS markieren sollten. Und erstaunlicherweise konnte der Astronaut Don Pettit diesen eigentlich nur zur Orientierung dienenden Laserstrahl sehen und sogar photografieren, als die Suchscheinwerfer abgedunkelt waren:

A light seen from the International Space Station, intentionally 'flashing' at astronaut Don Pettit. Picture credit: Don Pettit, courtesy of the San Antonio Astronomical Association

Einen ausführlichen Bericht mit Video zu dieser Aktion gibt es bei Universe today

Amateurastronomen haben wohl das weiteste Spektrum, vom einfachen Sternengucker mit einem gebrauchten Feldstecher vom Flohmarkt bishin zu Freaks mit Equipment, auf das manche Volkssternwarte neidisch wäre. Volkssternwarten sind übrigens von und für Amateurastronomen gegründet worden. Viele Hobbyastronomen, bauen sich ihre Teleskope selbst, schleifen sich sogar in monatelanger Kleinstarbeit hochwertige Spiegel und manche bauen sich eigene kleine Observatorien, wie z.B. der bekannte Fernsehmoderator Ranga Yogeshwar

Quelle: Webseite von Ranga Yogeshwar

Andere haben gar kein Teleskop, der russische Amateurastronom Leonid Elenin, der durch Weltuntergangspropheten im Netz traurige Berühmtheit erlangte, entdeckte "seinen Kometen" mit Hilfe eines ferngesteuerten Teleskops in den USA. Überhaupt sind Kometen und Asteroiden eine Domäne der Amateurastronomen, denn die Beobachtungszeiten der grossen Observatorien ist um Monate im voraus verplant und so verrückt es klingen mag, für manche Beobachtungen wie die eines sehr gross erscheinenden Kometen wie z.B. "Garradd" C/2009 P1 kann man kein Super-Observatorium gebrauchen, das die dunkelste Flecken des Himmels unglaublich gross vergrössern kann. Dazu ist ihr Sichtfeld viel zu stark fokussiert. Manche Sachen lassen sich halt besser mit einer Lupe als mit einen Mikroskop sehen.

Auch wenn heute viele Kometen und Asteroiden durch automatisierte Observatiorien gesucht und gefunden werden, bleiben die Amateurastronomen unheimlich wichtig, sie haben nämlich einen grossen Vorteil und den kann ihnen keiner nehmen: Ihre grosse Anzahl. Irgendwo auf der Welt schauen immer ein paar Amateure zum Himmel und ein paar davon haben glücklicherweise ihre Kamera griffbereit. Dadurch entgehen uns auch unvorhersehbare Ereignisse nicht, so entdeckte ein japanischer Amateurastronom vor einem halben Jahr den Einschlag eines Asteroiden auf Jupiter und ein zehnjähriges Mädchen entdeckte sogar eine Supernova

Besonders beeindruckend sind die Leistungen der Satelliten-Tracker, denen gelingt es vom Boden aus beeindruckende Bilder von der ISS, Raumkapseln, den Shuttle oder von Satelliten zu schiessen. Wie man das macht (oder auch nicht) beschreibt einer von ihnen bei Universe Today

Hier kann man sogar den Robot-Arm des Shuttles erkennen: Image credit and copyright: Thierry Legault


Es gibt auch andere verrückt anmutende Herausvorderungen, die Amateure annehmen. Der Amateurastronom Bernd Gährken hat mit einem eher als Spielzeug gedachten Nachbau des Teleskops Galileo Galileis einen Exoplaneten - also einen Planeten, der um einen anderen Stern als unserer Sonne kreist, nachgewiesen - zugegeben nicht als erster, man wusste, dass es diesen Exoplaneten gibt, nur braucht es für die Entdeckung:eigentlich technisch das Feinste vom Feinsten:


Mit einem 40-Euro-Teleskop fremde Explaneten entdecken - Quelle: Webseite B. Gährken


Wie man an diesen paar Beispielen sieht (es gibt noch viel mehr) sind Amateure keine Idioten. Amateure sind oft Freaks, manchmal auch Geeks und Nerds, sie opfern Zeit, oft viel Geld und verdammt viel Herzblut für ihr Hobby. Das ist ihre Stärke!

3 Kommentare:

  1. Sehr faszinierendes Hobby.
    Könntest du bitte noch den Scienceblogs-Beitrag mit dem Kommentar von alderamin verlinken?

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    1. ... wollte ich eigentlich, hab´s aber vergessen. Ist jetzt drin. Danke für den Hinweis!

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